„Ich glaube, er hat geklaut!“
„Sie hat sich stets bemüht, den wachsenden Ansprüchen im Rahmen ihrer Möglichkeiten gerecht zu werden.“ Man braucht kein Experte zu sein, um hier zu erkennen, dass der Arbeitnehmer mit diesem Zeugnis wohl nie wieder in den Arbeitsmarkt vermittelt werden kann. Andere Formulierungen jedoch sind nicht so offensichtlich.
Sie enthalten versteckte Codes, die meist nur von anderen Arbeitgebern gedeutet werden können. So können Formulierungen in einem Arbeitszeugnis wie‚ er arbeitete mit größter Genauigkeit‘ übersetzt werden in ‚Er war ein Erbsenzählender und ein langsamer und unflexibler Pedant.‘
Das qualifizierte Arbeitszeugnis: Was dürfen Arbeitgeber?
Arbeitgeber sind per Gesetz dazu verpflichtet, ein Arbeitszeugnis auszustellen. Und dieses muss wohlwollend ausfallen. Schließlich ist dieses Zeugnis nach beendetem Arbeitsverhältnis das Tor zu einem neuen Job. Der Inhalt des Zeugnisses entscheidet nicht selten darüber, ob das Tor offen steht oder verschlossen bleibt.
Arbeitgeber sind verpflichtet…
…das Arbeitszeugnis wohlwollend auszustellen. Außerdem muss es zeitnah ausgestellt werden, idealerweise direkt nach der Kündigung. Schließlich gehört dies für den Arbeitnehmer zur vollständigen Bewerbungsmappe.
Des Weiteren muss ein qualifiziertes Arbeitszeugnis folgende Pflichtangaben enthalten:
- Angaben zur Person, zur Art der Beschäftigung, zur Dauer sowie den Gründen für das Ende des Arbeitsverhältnisses
- Leistungsbeschreibung: Welche Aufgaben hat der Arbeitnehmer im Unternehmen ausgeführt
- Beurteilung der Arbeitnehmerpersönlichkeit
- Beurteilung der Leistungen des Arbeitnehmers anhand der Merkmale Belastbarkeit, Initiative, Bereitschaft zum Engagement, Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und evtl. Kunden.
Der Beurteilungsspielraum von Arbeitgebern
Im Gesetz ist festgelegt, dass ein Arbeitszeugnis wohlwollend ausfallen muss. Der Arbeitgeber hat zwar bei der Formulierung einen gewissen Beurteilungsspielraum, aber er darf nie die sogenannte ‚Zeugniswahrheit‘ verlassen. Dazu gehört, dass er keine Behauptungen oder Verdachtsmomente aufstellen darf.
Sätze wie „Ich glaube, er hat geklaut“ sind – man möge es kaum glauben – nicht zulässig, aber auch weniger plakative Aussagen zählen dazu. Ein Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer das berufliche Fortkommen bei der Jobsuche nicht ungerechtfertigt erschweren.
Um hier nicht in einen Fettnapf zu treten, verklausulieren Arbeitgeber gerne ihre ausgestellten Zeugnisse. Ein auf den ersten Blick hervorragendes Zeugnis kann nach seiner Dechiffrierung durch einen anderen Arbeitgeber plötzlich grottenschlecht ausfallen. Wörter wie „bemühen“ sind immer negativ behaftet, denn eine Bemühung ist genau das Gegenteil von einer „Erfolgreiche Bemühung“.
Gern genommen ist auch der Ausdruck „gesellig“. Ein geselliger Arbeitnehmer steht lieber mit Kollegen an der Kaffeemaschine als an seinem Arbeitsplatz und ist auf Betriebsfeiern immer der Sieger beim Wetttrinken.
Ein klassisches Beispiel ist auch: „Herr Schmidt war sehr tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen“. Dies heißt im Klartext: „Der Gute ist ein Selbstdarsteller mit mangelhafter Kooperationsbereitschaft.“
Was Arbeitnehmer beachten sollten
Wenn ein Arbeitnehmer von selbst seinen Job kündigt, sollte er bereits im Kündigungsschreiben die Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses verlangen. Per Gesetz muss das Arbeitszeugnis direkt vom Arbeitnehmer verlangt werden. Ein Anspruch auf ein einfaches Arbeitszeugnis verjährt erst nach 30 Jahren.
Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis dagegen muss der Arbeitgeber jedoch schon nach wenigen Monaten nicht mehr ausstellen. Denn 30 Jahre später wird sich in einem Unternehmen wohl kaum noch jemand an die Persönlichkeit eines ehemaligen Arbeitnehmers erinnern können.
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